01 mpc classic tour 2018

14. MPC Classic-Tour rund um den Brocken

Von der Sonne verwöhnt

Was noch? Bierstadt, Brocken, Bullis lautete das Motto der diesjährigen Classic-Tour, die von Einbeck aus ihren Lauf nahm. Neben Bockbier und anderen Hopfenkaltgetränken hat die südniedersächsische Stadt seit dem Jahr 2014 den PS.SPEICHER zu bieten, eine einzigartige Sammlung von Zwei-, Drei- und Vierrädern, die aus der Passion des Industriellen Karl-Heinz Rehkopf entstand. Rehkopf brachte seine rund 1.000 Motorräder in eine Stiftung ein. Als Ausstellungsort wurde dazu ein altes Gebäude entkernt, umfunktioniert und ergänzt.


In direkter Nachbarschaft entstand auch ein neues Hotel, das bis auf die kopfsteingepflasterte Einfahrt zu überzeugen weiß: moderne Zimmer, ruhige Lage, ordentlicher Service. Zum ersten Treffen der Classic-Tourer war die nahegelegene Genusswerkstatt im PS.SPEICHER vereinbart. Dank bestem Sommerwetter wurde die Terrasse des Lokals ausgiebig genutzt. Für den nächsten Tag hatten die Teilnehmer ein kleines Bordbuch bekommen mit ein paar einleitenden Worten und allen wichtigen Anweisungen sowie der Wegbeschreibung beider Tagesetappen.
Die Abfahrt am 29. Juni war für moderate 9.30 Uhr angesetzt. So konnte man mehr oder weniger ausschlafen und in Ruhe frühstücken. Da keine Mittagspause vorgesehen war, erhielten alle Teilnehmer ein kleines Lunchpaket. Die Abfahrt erfolgte pünktlich: Hinter dem Youngtimer-Führungsfahrzeug einer verblichenen schwedischen Marke reihten sich ein VW K70, ein Opel Admiral A V8, ein Mercedes W 124 Cabriolet sowie zwei Porsche 911 ein und versuchten zu folgen. Unterwegs, so war es verabredet, sollte sich in Osterode noch ein Mercedes-Benz SL der Baureihe R 107 anschließen. Bei strahlendem Sonnenschein gelang dies auch reibungslos. Stefan Diehl hatte seinen Klassiker mal eben durch die Nacht geprügelt und sich samt Best Buddy pünktlich eingefunden am Treffpunkt Sösetalsperre.
Den Brocken ließen die Classic-Tourer links liegen, rollten durch Altenau, Torfhaus und Braunlage, durch Elend, Schierke und über die ehemalige Zonengrenze nach Tanne und Sorge, bevor das Örtchen Benneckenstein erreicht wurde. Hier gibt es das Museum für Ostdeutsche Fahrzeuge. Eine beeindruckende Sammlung von Fahrzeugen, die hinter dem Eisernen Vorhang gebräuchlich waren, und nicht nur die: Viel Spielzeug, Campingzubehör, Ausrüstung und Atmosphärisches mit fast erschreckender Authentizität ist hier versammelt. Und hinter dem Haus können Interessierte nach Anmeldung mit echten Panzern durchs Gelände fahren …

Eine kleine Pause außerhalb des planmäßigen Ablaufs in Hohegeiß diente zur allgemeinen Ver- und Entsorgung. Spontan von der Strecke abgebogen, fand sich dazu ein Gartenlokal, dessen Wirt seine Kanzler­platte als „weltbeste Currywurst“ anpries. Okay, war sie vielleicht wohl, jedenfalls weckte sie neuen Tatendrang. Noch lagen einige Kilometer vor den Teilnehmern. So ging es bald weiter zwischen ehemaliger Zonengrenze in Sachsen-Anhalt und im Dreiländereck mit Thüringen und Niedersachsen. Über Nebenstrecken mit reichlich Kurven und schönen Ausblicken in die sommerliche Landschaft wurde Einbeck problemlos erreicht. Rund 200 Kilometer waren absolviert. Nach kurzer Verschnaufpause stand nun der Besuch des PS.SPEICHER auf dem Programm. Dank einer informativen Führung konnten alle viel über die Historie des Zweirads im Besonderen und der Motorisierung im Allgemeinen mitnehmen aus den von Mathias Kaluza beeindruckend inszenierten Räumlichkeiten, eine Lehrstunde selbst für Insider.

Das Tagesprogramm bis dahin hatte zwei Nachteile: Hunger und Durst. Die konnten im Anschluss aber hervorragend wettgemacht werden. Aus dem geschlossenen Raum verlagerte sich das Geschehen bald wieder auf die Terrasse, wo es jedoch nicht zu Exzessen kam. Da hatten wohl schon welche ins Programm geschaut und gesehen, was am nächsten Tag auf sie zukommt.

Erneut standen etwa 200 Kilometer im Bordbuch: Richtung Norden bewegte sich die Classic-Tour auf kleinen Landstraßen durch die sonnengeflutete Landschaft. Zwischen Börry und Lauenstein führte der Weg über erstaunlich gewundene Straßen mit regelrechten Serpentinen, bis wieder typisch norddeutsches Flachland und die Nähe von Hannover erreicht waren.

Im Stadtteil Limmer unterhält Volkswagen seit einiger Zeit die Bulli-Werkstatt, wo die Gruppe mit offenen Armen empfangen wurde. Der Blick hinter die Kulissen zeigte die Werkstätten, in denen der Hersteller für seine eigenen Bedürfnisse und auch nach Kundenwunsch klassische VW Nutzfahrzeuge wie Bulli, Caddy, Fridolin oder andere Modelle bis hin zum Neuzustand restauriert. Tiptop. Nicht weniger beeindruckend war die Sammlung im Ausstellungsbereich mit ihrer großen Vielfalt.

Schnell verging die Zeit bis zum erneuten Aufbruch. Die kleine Karawane setzte sich in Bewegung und bahnte sich den Weg in Richtung Süden. Über Dörfer und kleine Sträßchen ging es ins Leinetal. Bei einer günstigen Stelle entstanden schöne Fotos der Classic-Tour-Wagen kurz vor dem nächsten Zwischenziel in Alfeld. Hier steht das Weltkulturerbe der Fagus-Werke, eine Fabrik im Bauhausstil und die einzige von rund 1.000 weltweiten Weltkulturerbe-Stätten, in denen bis heute gearbeitet wird. Nach wie vor werden hier Leisten für die Schuhproduktion hergestellt. Vor der Besichtigung stärkte sich der Teilnehmerkreis bei Kaffee und Kuchen.

Das relativ nahe und über die gut ausgebaute Bundesstraße schnell erreichbare Hotel in Einbeck lockte dann weg vom Bordbuch, das noch einige genussvolle Kurven bereit hielt. Alle kamen ins Ziel, und nach kurzer Rast stand nun das Abendprogramm an: Dank weiterhin bestem Wetter wurde das Abendessen kurzerhand auf die Terrasse verlegt, und als der gröbste Hunger gestillt war, wurden auch die Sieger geehrt. Der klemmende Kofferraumdeckel brachte Eberhard Wühle den nicht sehr beliebten Wanderpokal „Pannenpreis“ ein, Stefan Diehl nahm freudig den Preis für den schönsten Oldtimer entgegen, und Winfried Nagel durfte mit dem von Opel zur Verfügung gestellten Wagen den Pokal als Gesamtsieger nach Hause bringen.

Von Lars Döhmann; Fotos: Hans-Rüdiger Etzold

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